Island Planung 2019 – anders als gedacht!

Die Schnapsidee:

Es begab sich Ende Oktober des Jahres 2018, als wir auf einer Klettertour im Frankenjura einen anstrengenden Klettertag im Gemeinschaftsraum des legendären Campingplatzes Oma Eichler beim Weißbier ausklingen ließen.
Wie so oft auf solchen Szeneplätzen kamen wir schnell mit unseren Tischnachbarn ins Gespräch. Einer davon war Lutz.
Lutz ist Lehrer an einer Berufsschule, irgendwo zwischen 40 und 60 Jahren alt und nicht nur begeisterter Kletterer, sondern auch Radfahrer. Einer dieser Radfahrer, die täglich 25km mit dem Fahrrad zur Arbeit pendeln. Hin und zurück. Außerdem ist er begeisterter Islandreisender.
Im Laufe des Abends schwärmte er immer wieder von seinen Island Radreisen, durch das unwegsame Hochland, ohne Infrastruktur und befestigte Straßen, alles was man für etwa eine Woche benötigt hat man dabei, da es keine Einkaufsmöglichkeiten gäbe.
Zunächst lachten wir anerkennend, vielleicht haben wir ihn ab und zu auch für verrückt gehalten.
Im weiteren Verlauf des Abends, vielleicht auch nach einem weiteren Hellen, fragte er uns, ob wir nicht nächstes Jahr einfach mal mitfahren wollen. Leider – nein, zum Glück! – fehlten uns in diesem Moment schlagkräftige Argumente um abzulehnen. Wir sagten also zu.

Die erste Planung

Island mit dem Fahrrad, nach kurzer Recherche stellten wir fest: Das ist nichts, wonach man im Reisebüro fragt. Eigentlich ist das nichts, was normale Menschen überhaupt machen. Aus gutem Grund: Das Wetter ist unkalkulierbar, die einzige asphaltierte (Fern)Straße ist die Ringstraße und die hat keinen abgetrennten Radweg. Insgesamt gibt es auf Island überhaupt keine Radwege. Und kaum Fahrrad Infrastruktur. Und dann ist da noch der Wind… Fahrradfahren auf Island ist offenbar irgendwie so wie Inlineskaten auf ner Wiese: Geht, aber macht man einfach nicht.

Rückzieher machen? Nein! Wir standen weiterhin in engem Kontakt mit Lutz, ohne dessen Tipps wir bei dem Unterfangen gnadenlos gescheitert wären. Das geht schon bei der Wahl des Fahrrads los. Da wir noch keine Räder hatten, waren wir in der „komfortablen“ Situation, welche kaufen zu müssen.

Das Bike

Mountainbike, Hardtail, mindestens 2,25″ Bereifung, was kaputt gehen kann geht in Island kaputt.

Ratschlag von Lutz zur Wahl des Fahrrades

Also haben wir uns entsprechende Räder gekauft und mit Gepäckträger (Stahl, Aluminium bricht bei schwerer Beladung auf Wellblechpisten), Klickpedalen und weiteren individuellen Features ausgerüstet. Außerdem wurde ein Sammelsurium an Fahrradtaschen beschafft, um Kleidung, Campingutensilien, Kochgeschirr und vor Allem Nahrung unterzubringen.

Das Reiserad

All das für eine Reise? Nein. Das wäre sicherlich zu viel des Guten gewesen. Seit Jahren träumte ich als leidenschaftlicher Radfahrer von einem Mountainbike, sodass dies nur der Impuls war, endlich eines anzuschaffen. Viele weitere Radreisen sollten folgen.

Der Transport

Das nächste Problem: Wie kommt das Rad auf die Insel? Mit dem Flugzeug, da waren wir uns einig. Da man Fahrradmitnahme jedoch pro Teilflug zahlt, aus dem Westen jedoch kein Direktflug ging, hätten wir für zwei Personen insgesamt acht mal 50€ Gebühr entrichten müssen… Zum Glück hatte auch da Lutz einen Tipp: Mit der Kreditkarte der Fluglinie gebucht ist der Transport von Sportgepäck (also auch Fahrrädern) kostenfrei. Da eine gute Reisekreditkarte ohnehin auf der Liste stand und die Konditionen ansonsten auch in Ordnung sind, war das also unsere Lösung und wir buchten den Flug: Hin am 14.07.2019 und am 02.08.2019 wieder zurück. Gesamtbetrag für zwei Personen knapp über 800€.

Der Transport der Räder erfolgt – so man keine hunderte Euros in spezielle Transporttaschen investieren möchte – in großen Kartons, die man mit etwas Glück bei Fahrradhändlern kostenlos bekommen kann. Da kommen dann die Räder rein, der Lenker wird gelöst und um 90° gedreht, man kann sogar zur Entlastung des restlichen Gepäcks die eine oder andere Fahrradtasche am Bike lassen. Die Kartons können gegen eine kleine Gebühr am Campingplatz Reykjavik für die Dauer der Reise aufbewahrt werden.

Die Route

Auch Lutz buchte diesen Flug, Premiere sollte diese Reise auch für seinen 16 jährigen Sohn Nicolas sowie einen Freund von Lutz sein, den wir auch schon aus dem Frankenjura kannten: Lutz (ja, kompliziert, ich weiß, darum im Folgenden Lutz S.).

Danach habe ich sehr oft und sehr lange mit Lutz telefoniert um die Route abzusprechen. Lutz hatte recht genaue Vorstellungen, da er ja nun schon viele Male mit dem Rad auf Island war und natürlich dorthin fahren wollte, wo er noch nicht war. Da Island überall schön ist und ich noch nichts davon gesehen hatte, waren meine Ansprüche an die Reiseroute insbesondere, dass sie uns nicht überfordert. Ich habe also darauf geachtet, dass die Tagesetappen in Sachen Länge und Anstieg auch für uns realistisch zu schaffen sind, und dass hier und dort eine Möglichkeit der Abkürzung besteht, sollte das für uns erforderlich sein.

Die erste Planung…

Hier musste ich Lutz, der ein außergewöhnlich trainierter Radfahrer ist, ab und an auf den Boden der Tatsachen zurückholen, insbesondere den ersten Anstieg ins Hochland von fast 1500 Höhenmetern habe ich von einem auf zwei Tage entzerrt, mit der Option auf drei. Hier gab es jedoch immer Konsens und ich kann nur jedem raten: Wenn man bei der Planung nicht aufeinander Rücksicht nimmt ist eine solche Reise zum Scheitern verurteilt. Letztlich haben wir uns auf eine Route einigen können und haben noch einen Aufenthalt in einem Gasthaus sowie einen Inlandsflug von Egilsstaðir zurück nach Reykjavík gebucht.

Die Routenplanung habe ich übrigens mit dem Open Source Tool QMapShack gemacht, das zwar ein wenig Einarbeitungszeit benötigt, dann aber extrem leistungsfähig ist.

Der Twist in der Geschichte

Wer bis hier schon etwas zwischen den Zeilen gelesen hat hat es vielleicht schon bemerkt: Diese Reise hat so niemals stattgefunden.

Wieder Oma Eichler

Es ist Christi Himmelfahrt 2019, Ende Mai. Nach dem Langen Wochenende stand eine Woche Urlaub an, das Dachzelt war montiert und wir freuten uns auf ein paar Tage Klettern im Frankenjura, natürlich wieder bei Oma Eichler. Einmal noch in die Halle zum Bouldern um die Form zu optimieren. Da war diese doofe Route, wackelig, nah an der Wand. Ich musste mich mit beiden Händen an der Wand abstoßen um nicht daran herunterzurutschen. Das hat Nana beim nächsten Versuch leider nicht mehr geschafft. Sie rutschte die positiv geneigte Wand etwa einen Meter herunter und traf kurz vor der Matte mit dem gestreckten Bein einen großen Tritt. Das fiese Geräusch und die offensichtlichen Schmerzen machte uns relativ schnell klar dass sich das Frankenjura soeben erledigt hatte, das war jedoch erstmal völlig zweitrangig. Mit dem Rettungswagen ging Nana in die nächstgelegene Unfallklinik und das Röntgen bestätigte das, was die unnatürliche Form des rechten Unterschenkels schon andeutete: Unterschenkelfraktur, Schien- und Wadenbein sowas von hinüber, Operation noch in der Nacht…

(k)ein Reisehindernis

Nachdem alles gut verlaufen war begannen wir nach dem ersten Schock langsam zu realisieren: Bis zum Abflug nach Island sind es noch sechs Wochen. Selbst im unwahrscheinlichsten Fall, dass der Bruch in Rekordzeit verheilen würde und ein Gehen ohne Krücken dann schon wieder möglich sein sollte, die Muskulatur hätte in der Zwischenzeit derart abgebaut, dass eine solche Tour keinesfalls möglich wäre. Die Ärzte versicherten uns ebenfalls, dass man sich über Gehen ohne Krücken in den Nächsten acht Wochen noch keine Gedanken machen sollte.

Die Entscheidung

Gedanken machen mussten wir uns aber sehr wohl über die weitere Reiseplanung. Alles, was wir bisher geplant hatten, war nun hinfällig. Im Raum stand also natürlich das komplette Storno der Reise. Der Tenor zu der Recherche nach Islandreisen mit Krücken erinnerte mich an die ersten Recherchen zur Radreise: Kannste schon machen, ist aber Mist. Wichtig war der erste Halbsatz, weil Mist ist ja sehr subjektiv. Wir haben uns also mit einem gewissen Trotz dazu entschieden, die Flüge zu behalten und die Planung anzupassen…

Die zweite Planung

Es war sofort klar, dass die Reise völlig anders verlaufen wird als geplant. Wir haben uns also erstmal Gedanken über die Rahmenbedingungen gemacht. Zuerst haben wir uns entschieden, die Flüge zu behalten. Die Stornobedingungen waren unattraktiv und wir wollten zumindest ein kleines bisschen die „gemeinsame Reise“ mit den beiden Lutz und Nicolas beibehalten.

Die Unterkunft

Der gewählte Zeitraum ist in Island natürlich absolute Hauptsaison. Das Zeitfenster für das, was der Mitteleuropäer so gerade noch als „gutes Wetter“ bezeichnen könnte beträgt in Island eigentlich nur knapp zwei Monate von Juni bis August. In dieser Zeit ist alles noch teurer als ohnehin. Aus Budgetgründen haben wir uns daher auch dazu entschieden, weiterhin auf Campingplätzen zu übernachten – auch wenn dies mit einem gebrochenen Bein unkomfortabel sein könnte.

Die Fortbewegung

Ein banales aber entscheidendes Problem ist der Transport des Gepäcks. Nana ging auf Krücken, das heißt mehr als ein kleiner Rucksack war ihr nicht zuzumuten. Unser Gepäck bestand also aus einer großen Reisetasche mit Schultergurten, einem großen Rucksack, einem kleinen Rucksack und einem Rollkoffer. Die große Reisetasche hatte ich auf dem Rücken, den großen Rucksack trug ich über dem Bauch, den Rollkoffer habe ich hinter mir hergezogen und Nana… Naja, die hatte den kleinen Rucksack 🙂
So krückte Nana also herum und ich beförderte mein Eigengewicht in Gepäck durch die Gegend. Das ging zwar, jedoch waren weite Strecken zu Fuß oder Rumgehampel mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine wirklich rosige Aussicht. Daher haben wir uns dazu entschieden einen Mietwagen zu nehmen, und zwar bereits direkt am Flughafen.

Nun, zu Mietwagen in Island kann man eigentlich einen eigenen Blog führen. Das Hochland hatte es uns jedenfalls angetan und darauf wollten wir nicht verzichten. Es kam also nur ein Fahrzeug mit Allradantrieb in Frage. Nach viel Überlegen fiel die Wahl auf einen Suzuki Jimny, das neue Modell, unter anderem weil ich den Wagen einfach klasse finde und damals mit dem Gedanken spielte selbst einen zu kaufen. Und obwohl er eine der günstigsten Varianten war (günstiger wäre nur das alte Jimny Modell oder ein Dacia Duster gewesen) machte der Mietwagen den mit Abstand größten Posten im Urlaubsbudget aus. Ouch.

Die Route

Zunächst war klar, dass wir den Inlandsflug von Egilsstaðir nicht benötigen. Und obwohl ich nicht damit rechnete ernsthaft etwas davon erstattet zu bekommen habe ich per E-Mail die Situation geschildert und nach einem total netten Kontakt wurde ein Großteil des Preises zurückgezahlt. Diese Erfahrung habe ich mit isländischen Anbietern inzwischen mehrfach gemacht, einfach toll!

Das gebuchte Guesthouse haben wir nicht storniert. Wir haben es als einzige „fixe“ Station in der Routenplanung belassen. Gen Ende der Reise ein gemeinsamer Abend mit den Mitreisenden und anschließend zur Abwechslung in einem gemachten Bett zu schlafen war verlockend.

Fazit

Das war die Reiseplanung. Wir freuten uns also auf zweieinhalb Wochen Freiheit. Ohne zu wissen was uns erwartet, da wir zu diesem Zeitpunkt noch nie in Island waren. Ohne Route und ohne Ziel. Und je näher die Reise rückte, je größer die Vorfreude wurde, desto absurder wurde die Vorstellung wir hätten sie stornieren können.

Und im Rückblick kann ich sagen: Das wäre ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Island 2019 war eine besondere Erfahrung. Anders als gedacht, ungeplant, chaotisch, aber wunderschön. Und genau so ist Island.

Ohne Worte…

Der Reisebericht folgt…

Credits

An dieser Stelle möchte ich mich zuerst bei Lutz bedanken. Deine Leidenschaft hat uns angesteckt, du hast uns in ein Reiseziel eingeführt, das für immer – und immer wieder – ein Teil unseres Lebens sein wird.
Auch danke an den Rest der kleinen Gruppe, also Nicolas und Lutz S., für die liebe Gesellschaft, die schönen Abende und die tollen Erinnerungen an das gemeinsam erlebte.
Zuletzt danke an das Team der BGU Klinik Duisburg, das die Reise mit den geringstmöglichen Einschränkungen möglich gemacht hat 🙂

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