Verreisen im Jahr 2020 ist in vielerlei Hinsicht etwas ganz besonderes. Die Pandemie beherrscht unseren Alltag, Reisebeschränkungen sind Normalität geworden. Viele Ziele sind daher unerreichbar. Fast alle Fernziele sind Wackelkandidaten. Flugpläne ändern sich (un)regelmäßig, Fährgesellschaften fahren im Versorgungsbetrieb und die Rückerstattung von stornierten Flügen dauert Monate -wenn überhaupt gezahlt wird.
Im April war eine Reise nach Marokko gebucht. Diese konnte freilich nicht stattfinden. Es war eine Pauschalreise, mit separat gebuchten Flügen. Bei der Pauschalreise haben wir einen Gutschein vom Reiseveranstalter Marokko Erleben akzeptiert – wir wollen die Reise machen und wir denken, dass der Veranstalter nicht überleben kann, wenn jeder Kunde eine volle Erstattung fordert. Also verschoben, nicht aufgehoben. Auf die Erstattung des Rückflugs von Ryanair warten wir noch heute.
Ein weiterer Urlaubsblock steht Ende August bis Mitte September an. England und Schottland waren eigentlich schon durchgeplant. Stand heute könnten wir die Reise vermutlich antreten, die Situation in Großbritannien stellt sich jedoch noch nicht so kontrolliert dar, wie man es sich wünschen würde. Ferner ist die Stimmung in der Bevölkerung scheinbar eher so, dass Touristen noch nicht willkommen sind, solange die Pandemie noch derartige Ausmaße hat. Das können wir nachvollziehen und wollen die Gastfreundschaft nicht auf die Probe stellen. Also: Verschoben.
Urlaub zu Hause? Nein, keine Option. Urlaub mit dem (Dach)Zelt auf europäischem Festland klingt zwar auch verlockend, boomt aber gerade. Das Resultat: Volle Campingplätze, wenig Ruhe.
Für 2021 stand eigentlich eine weitere Reise nach Island auf der Liste. Drei zeit- und kostenintensive Reisen im Jahr passen aber weder ins Budget (okay, Marokko ist zum Großteil bezahlt), noch in den Urlaubskalender. Eine kurze Recherche ergab: Corona ist in Island unter Kontrolle. Durch die Bevölkerungsstruktur ist es ja ohnehin von Natur aus begünstigt, daneben werden sinnvolle Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen.
September in Island
Aber möchte man im September nach Island? Unser letzter Aufenthalt war schließlich im Juli/August.
Ein kurzer Blick in die Klimatabelle: Scheint unproblematisch. Es ist im Durchschnitt etwas kühler als im Juli und es regnet mehr, jedoch spricht insgesamt nichts dagegen. Schnee ist sehr selten und die Hochlandstraßen sind zumindest bis Mitte September in der Regel noch geöffnet, ebenso die meisten Campingplätze.
Island ist natürlich immer für Überraschungen gut, so fielen vor einigen Tagen noch 40cm Neuschnee im isländischen Hochland. Mitte Juli.
Versuch 1: DUS – KEF
Die Idee war also geboren. Die Anreise sollte wie im letzten Jahr auf dem Luftweg erfolgen, da dies einfach die schnellste und vermeintlich günstigste (dazu später mehr) Variante darstellt. Schnell waren recht günstige Flüge mit Eurowings ab Düsseldorf nach Keflavik gefunden, mit einer Zwischenlandung in Hamburg. Dieselbe Verbindung wie beim letzten Mal. Da sie recht günstig waren, haben wir anfang Juni kurzerhand für Ende August bis Mitte September gebucht.
Einen Freund konnten wir mit unserer Schwärmerei anstecken und er entschied sich, sich uns anzuschließen. Ende Juni wollten wir ihm also die Flugdaten zukommen lassen und checken, ob er noch einen Sitzplatz neben uns reservieren kann. Bei dem Versuch stellten wir fest, dass sich der Flug nicht mehr buchen lässt. Nach etwas Recherche stellte sich heraus: Eurowings hat die Linie Düsseldorf – Kevlavik bis auf Weiteres komplett eingestellt. Man hielt es zu diesem Zeitpunkt erstmal nicht für nötig uns darüber zu informieren. Eine knappe Woche später haben wir dann die Stornierung erhalten. Immerhin hat da die Erstattung etwas besser funktioniert als bei Ryanair, nachdem Nana Eurowings per Facebook Messenger kontaktiert hat – meine Ausführungen per E-Mail wurden ignoriert.
Versuch 2: Hirtshals – Seyðisfjörður
Aber die Idee war geboren. Wir wollten hin, egal wie. Es gibt eine Hand voll Fluggesellschaften die Island anfliegen und aktuell teilweise sogar die Flugpläne ausbauen. Dazu gehören insbesondere Icelandair, SAS und Wizz Air. Liest man jedoch die einschlägigen Gruppen ins sozialen Netzwerken aufmerksam durch, stellt man schnell fest, dass alle Airlines sehr häufig die Flüge stornieren oder umbuchen. Selbst derzeit in den Sommerferien muss man offenbar bis 24h vor Abflug bangen, ob nicht doch storniert wird. Mir würde das die Vorfreude nehmen, also haben wir – nun ja zu dritt – nach einer Alternative gesucht.
Die praktisch einzige Alternative stellt dabei die MS Norröna dar. Diese bringt ein mal pro Woche bis zu 1428 Passagiere von Hirtshals (Dänemark) über die Faröer Inseln nach Island. Fahrzeit: zweieinhalb Tage.
Wegen der langen Fahrzeit sowie der hohen Fährkosten ist die MS Norröna aus Zeit- und Kostengründen eigentlich von Anfang an als Verkehrsmittel ausgeschieden. Bei genauem Hinsehen stellt man jedoch fest, dass dies ein Trugschluss ist (siehe Fähre vs. Flugzeug).
Also haben wir die Fähre gebucht. Mit vorsichtigem Optimismus blicken wir nun dem 29. August entgegen – die Vorfreude kennt keine Grenzen.